Trilogie nach Klimt
180 cm breit | 90 cm hoch | ||
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Lebensbaum-Bedeutung:
Der Lebensbaum steht auf der braungrünen Erde, auf der Blumen wachsen. Der Lebensbaum in Gold repräsentiert das ewige Leben der Sonne, wie auch die verschiedenen zusammengehörigen Kreise auf dem Stamm die Vorgänge Leben, Sterben und Wiedergeburt versinnbildlichen. Dies entspricht dem zentralen Gedanken der Ägypter, dem Erlangen des ewigen Lebens. Schwarze Punkte und Kreise sowie die Hintergrundfarbe schwarz zeigen wieder den Bezug zum alten Ägypten auf. Im Geäst finden wir mehrmals das Horusauge, das den Ewigkeitsgedanken repräsentiert. Besonders deutlich wird dieser Gedanke durch den schwarzen Vogel ausgedrückt. Er verkörpert Horus, die Tag-Sonne, seine schwarze Farbe verweist auf Ägypten.
Die Erwartung:
n diesem Bild erkennen wir die gleichen Motive wie in den oben betrachteten Bildern, nämlich den Lebensbaum und das Horusauge, welche das ewige Leben symbolisieren. Am unteren Bildrand finden wir wieder die braungrünen Farbtöne mit Blumen, welche die Erde in der Bedeutung als Welt darstellen. Auf dieser Erde steht eine Frau mit auffallend langer schwarzer Haartracht. Die Frau symbolisiert ein Land der Erde, wie der bunte Untergrund ihres Kleides erkennen läßt. Die schwarzen Haare zeigen eindeutig, daß mit dem Land Ägypten gemeint ist, das Land der „schwarzen Erde“.
Das Kleid der Frau ist mit pyramidenartigen Dreiecken bemalt. Die meisten Dreiecke enthalten Spiralen, einige das Horusauge. Die Spiralen sind das weibliche Symbol für Ägypten und finden sich auch im Lebensbaum im Hintergrund dieses Bildes. Das Horusauge versinnbildlicht die Ewigkeit. Genauso wie die Pyramiden des alten Ägypten zeigen die Dreiecke auf dem Kleid die beiden Richtungen der Kommunikation zwischen der Gottheit und den Menschen an. Die Dreiecke mit den Spiralen stellen den Fluß von der Basis zur Spitze dar, das sind die Bitten der Menschen an die Gottheit. Die Dreiecke mit dem Horusauge symbolisieren den Fluß von der Spitze zur Basis, also das Verströmen der göttlichen Gunst herab zu den Menschen.
Das goldene Tuch über den schwarzen Haaren der Frau zeigt goldene Quadrate, in deren Mittelpunkten sich kleine bunte Quadrate befinden. Das goldene Tuch umfängt die schwarzen Haare. Das bedeutet, daß der Sonnengott die Frau umfängt bzw. daß der Sonnengott sich schützend über Ägypten neigt und mit diesem Schutz dem Land zum ewigen Leben verhilft. Die kleinen bunten Quadrate in den größeren goldenen Quadraten auf dem Tuch stellen wahrscheinlich die verschiedenen Gaue Ägyptens dar. Das Bild kann als Darstellung des ewigen Lebens Ägyptens angesehen werden.
Die Erfüllung:
Dieses Gemälde stellt dasselbe Motiv wie das Bild „Der Kuß“ dar und zeigt uns die ineinander verschmolzenen Körper des Mannes und der Frau – des Sonnengottes und der Erde. Deutlich kommt die Übermacht der Sonne zum Ausdruck. Das Kleid der Frau ist wieder mit Blumen übersät, während der Mantel des Mannes auf der Vorderseite neue Motive aufweist. Wir erkennen sowohl Vierecke, die das männliche Element der Ägypter, des Sonnengottes, repräsentieren, als auch in einer viel größeren Anzahl goldene Kreise. Diese versinnbildlichen nach altägyptischer Mystik das Leben auf der Erde, welches durch das Aufgehen und Scheinen der Sonne gesichert ist.
Das große Viereck am unteren Rand des Mantels des Sonnengottes ist aus vielen kleineren Vierecken, darunter vielen schwarzen, zusammengesetzt. Die kleinen schwarzen Rechtecke lassen den Bezug zur Mystik der alten Ägypter erkennen, den Bewohnern der schwarzen Erde. Mit der schwarzen Erde ist der vom Nilschlamm schwarz gefärbte Uferstreifen entlang des Flusses gemeint und nicht der Kontinent Afrika mit seinen schwarzen Menschen.
Bemerkenswert sind auch die drei Vögel auf dem Mantel des Sonnengottes. Sie repräsentieren verschiedene Erscheinungsformen des ägyptischen Seelenvogels. Der obere Vogel stellt das Leben dar. Er gelangt später in das Totenreich (unterer Vogel), um danach im Lande des Westens wiedergeboren zu werden (mittlerer Vogel rechts auf schwarzem Untergrund). Auch hier liefert die schwarze Farbe bei der Wiedergeburt einen Hinweis auf Ägypten. Daß fast der ganze Mantel bunt und der Untergrund mit roter Farbe bemalt ist, läßt den Schluß zu, daß Klimt hier den Sonnenaufgang, also den Beginn der Vereinigung zwischen Sonne und Erde, dargestellt hat. Den alles entscheidenden Augenblick für das ewige Leben!
Der Boden, auf dem die beiden Figuren stehen, ist wieder die Erde in den Farben braun und grün. Klimt bevorzugte die braune Farbe für die Erde, wenn er die Welt oder den Planeten meinte. Die grüne Farbe steht für den Pflanzenwuchs, dazwischen finden wir bunte Blumen.
Der restliche Hintergrund stellt den Lebensbaum dar, auf dem wir dreimal das Horusauge erkennen. Horus ist der Falkengott, der Herr der Lüfte, der seine Bahn über den Himmel zieht. Man brachte ihn mit der Sonne in Verbindung, und zwar mit der Tagesgestalt der Sonne. Seine beiden Augen repräsentieren Sonne und Mond, wie auch die Fähigkeit, in die Vergangenheit und in die Zukunft zu blicken. Das bedeutet, daß Horus die Ewigkeit erkennen konnte. Vor diesem Hintergrund des ewigen Lebens vereinigen sich Erde und Sonne. Damit wollte Klimt aussagen, daß nach altägyptischer Auffassung der Erde durch das Scheinen der Sonne das ewige Leben geschenkt wird. In diesem Bild wird der abgeschlossene Vollzug dieses Prozesses dargestellt. Der Sonnenaufgang ist in diesem Gemälde bereits erfolgt, das ewige Leben gesichert.